17. Dezember 2019 Dichterin
Andreja Štepec wurde 1986 in Jesenice geboren und ist Diplomantin der italienischen Sprache und Literatur sowie Professorin der Pädagogik und Andragogik. Ihre Gedichte wurden in den Zeitschriften I.D.I.O.T., Sex Zin und Lud Literatura veröffentlicht und ins Deutsche übersetzt.

Im Kontext der deutschsprachigen Dichterplattform Babelsprech gastierte sie im Literaturhaus in Wien und bei der Konferenz von Babelsprech in Liechtenstein. Sie beteiligte sich auch am Europäischen Dichterfestival 2009 in London. Beim Verlag LUD Šerpa erschien im Mai 2018 ihr dichterisches Erstlingswerk mit dem Titel Edit Paf, das im Jahr 2019 für die Kritikerdebatte beim Festival Pranger ausgewählt wurde.

Sie übersetzt immer wieder aus dem Englischen und Italienischen und betätigt sich im Rahmen verschiedener pädagogischer Projekte; sie wirkt außerdem als Erzieherin und Animatorin beim Verein für Ferienaufenthalte und Erholung von Kindern.




REIFKASKADE

Im toten Gott
der mich verfolgt
seh‘ ich einen Schwan
zusammen liegen wir
auf dem Wasserspiegel
es erhebt mich
Mein Gott
Schwan mein
Gott mein
mein Schwan
trägt im Schnabel
Grieß
und Trauer
umgibt mich mit Schleier
der Sorgen über
die Kiefern
mein Gott ist
ein toter Schwan
unter ihm ist
mein Puls
was wert
wenn ich gegen ihn
das Knie drücke
um ihn auszuhöhlen zu
Schmuck
ist er
füllt mich mit Fleisch
dass ich mich
in Wellen
geölten Gefieders trage
verworfener Vogel
der zu vereisen wünscht
nur ein Schlag mit dem Pickel
ins Licht
vom Geh
schlecht
ausschüttet
Nierenstein
zuschüttet
erstrahlt
zuschüt
tät' mich
isst die Wurzel
des Namens

auf mich er
hält
in Übersetzung
wenn im Randbereich
Neumond
bin ich
nicht
sei
ne
Frau
er er
götzt sich nicht
am Titel
der Teil
Zeitschicht
von mir aus zu sä'n
Mohn d-Phasen
mäh'n
nies' Kuss
näh' ben dir
Schnee
auf stehende
ab Wässer
im Grauen
geh Brechen der
Mole kühle
des Vertrauens
in der Hand
mein es
Egos
Schwan es
Gottes.


KEVDER 91

Gräser um die Knöchel gewickelt
zählst du die Gramme
der abgeworfenen Tablette
aufgelöst
schäumt auf
das Meer
mar dentro
Salvati!
Aus
Bad Schussen Ritt
ich in Bäder
mit Pan zerr'n über Matt – Ratzen
Bomben Trennungen
singen umher

Luftschutzbunker
singen Lieder der Kindheit
bittere Märsche
marschiert in uns
Tage der Zwiebackbrote
aufgewärmter
löffelgerechter Speisen
Einschnitte sind deine
Zeitskala
du spielst unter der
gestrichelten
Sonne
jene Minuten
sind unaustauschbar
wie eine kitzelige
Berührung
der Methanol
Säure
im Mund
eingetaucht
in Ameisenhaufen
Ameisen
stolpern
an den Nadeln Igel
Iglu Stäbchen wolltest du
Platten Blocks
Würfel
um aufzuhalten
den Ursprung
des verpackten Lachses
im Gefrierfach
quietsch
quietschen die Schrauben
der Schaukeln
auf ihnen schaukeln
jetzt
Schrapnelle
Mikroorganismen
Stiefeln
maskierter Männer
5 Dinare
mit Edelrost
drückst du
unter dem Kopfkissen
du gedenkst
du leidest
mit fünf
aus dem Würgegriff
der Wiegenlieder
Johannisbeeren
ferner

Bruder
Kirsche
hört auf
zu reifen
über den Spielplatz
abgesteckte Flaggen
über den Garten
gepflanzte Schatten
Flecken
mein Sohn!
Arbeit an sich gibt es nicht
es gibt nur Gartenarbeit
5 Dinare
begraben


angelehntes Fahrrad an der
Stützmauer
treibt
noch


HIRSCHPAAR

Gehe dort hin, wo zwei Hirsche sind,
diese zwei Hirsche, die auseinander wachsen
und sich öffnen
und zerfallen,
die herunterhängen
vor der Stahlkugel des Bösen
vor dem Abriss


wo ist jetzt das Röhren, wo sind
diese geflochtenen hölzernen Zöpfe,
um sich zu lieben, um sie wachsen zu lassen
in ferne Orte
wohin auch immer,

alle wachsen wohin auch immer

wir sind nur Spektateure,
es tut weh anzusehen, wie man einem die Schönheit
abstempelt
es schmerzen diese ausgewaschenen Gedanken,

sogar Kinder sind heute böse,
gekeimt vom gebrochenem Samen
in jener Erde,
die sie so besitzen
als würden sie sie jetzt essen

die Erde wird sie essen

gib mir Erde

EDIT ME!

Beiße die Oberschicht
von den Spitzen der Cuticula ab

spann' mit mir ein in
biblische Sommer

die Presse des Schweißes die zusammenfügt
Abhänge des Umhangs und die Projektion der Silhouetten erweckt

die unangemessen abfließt
in die Spalten zwischen den Fingern

gegen erhitzten Asphalt hinein dampft
Hopfen, Holunder, Melisse und Minze hinein

Edit me!

hinter der Kirche aus Backstein
ertönt im Innern die Kühle

es trägt den Widerhall der Orgel fort
der Druck auf den Balg steigt

in den Kirchen sammelt sich Weihrauch
reglose Gliedmaßen

das Gefühl des Menschen 0 Grad
rotierst du den Hals langsam langsam

Edit me!

90 Grad 180 Grad
der Hals rastet ein zum ich beuge mich

vor der Kanzel wische ich
Pantoffeln reinige ich reinige dich

du fliegst raus aus dem Lungenbläschen
ich blicke immer wieder in den vergoldeten Rahmen

Kreuzweg mein Weg
des Kreuzes Skoliose

auf der rechten Seite sind die Muskeln schwach
ich spanne sie an der vermoderten Bank

der Gesang tanzt sanft
in die Blumen auf dem Rock

ganz schüchtern hebt
ein Stück Stoff sich ab und zeigt die Krempe

Edit me!

du stehst an der Tür
traust dich nicht weiter

die Stimme erstirbt die Geister
bemächtigen sich des Gerüsts

dein Bauchnabel wendet sich nach innen
du erwartest du erlebst die Abtreibung der Qualle

ihr Blick erhellt dich und
deine Krone leuchtet nicht

du sammelst Dornen zu einem Strauß
Blut tropft auf den Tropfen

fuck bist du gottlos wunderschön
zum annageln in die Ecke der Angespannten

Edit me!

fass mich an allem was nicht
der Imagination gewidmet ist

an allem was deine Nasenhaare
erregt was den Archetyp elektrisiert

Edit me!

leg eine Münze auf mein Bermuda
Dreieck damit ich zum andern Ufer entlasse

schiff ein entwaffne zünde zwei
Kerzen für jeden von uns an

Edit me!

es schlägt ein Knochen gegen den andern
gegen die feuchte Wand

restauriere resonniere
fick die Renaissance in mir

lass die Stange tiefer reib mal an der Klitte
Strich näh' ihn zum Mosaik der Menschentstehung

fange an ein nasser Hund zu werden
nasser Gott

Edit me!

ich schreie ich sauge deine
Stacheln ein die in die Verzweiflung treiben

die in mir wüten
in Wellen

Edit me!

ich spanne dich zu einen Drachen auseinander
überall Stigmen

die Frische verschwindet
Atem um Atem

mich schmerzt Paura
Hinrichtungen des Körpers

ich bin am Sterben but I want some more
nur noch ganz a Bisserl Tod

die Augäpfel drehen das Gewölbe
senkt sich noch ein Bisschen

Edit me! Edit me! Edit me!
Du
      gefallener
                    abgefickter
                                    Jesus















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